Zucker
Wie das Leben süßer wurde
Wer es süß mochte in grauer Vorzeit, musste sich mit Honig und Traubensaft begnügen. Über die Jahrtausende eroberte Rohrzucker als Süßungsmittel die Kontinente, die Zuckerausbeute wuchs mit neuen Verfahren, trotzdem blieb Zucker sehr teuer und war deshalb zunächst für medizinische Anwendungen gedacht und wurde in Apotheken verkauft.
Rohrzucker erobert die Welt
Rund 8.000 Jahre v. u. Z. breitete sich Zuckerrohr von Neuguinea bis nach Indien und Persien aus. In den Jahren 600 n. u. Z. wird in Persien eine Methode zur Gewinnung von Zucker aus Zuckerrohr entwickelt: Heißer, mit Klärmitteln wie eiweißhaltigen Stoffen und Kalk behandelter Zuckerrohrsaft wird in Holz- oder Tonkegel gefüllt. In der Spitze kristallisiert der Zucker und es entsteht ein Zuckerhut. 1492 bringt Kolumbus das Zuckerrohr in die Neue Welt. 1573 wird in Augsburg die erste deutsche Raffinerie für Rohrzucker errichtet.
Die Entdeckung der Zuckerrübe
Als im 18. Jahrhundert der Zuckerpreis enorm anstieg, suchte man nach Ersatz für Zuckerrohr. Und wurde ganz in der Nähe fündig. Dem preußischen Chemiker Andreas Sigismund Marggraf gelang es, Zucker auch in der Rübe nachzuweisen.Franz Carl Achard, ein Schüler Marggrafs, lässt 1800 in Cunern/Schlesien die erste Rübenzuckerfabrik der Welt errichten. Alle heute bekannten Zuckerrübensorten gehen auf seine Züchtungen zurück. Mittel-deutschland spielte bei der rasanten Entwicklung der Zuckerindustrie und damit verbunden des Maschinenbaus eine besondere Rolle. 1834 gründeten in Quedlinburg die Brüder Louis und Carl Hanewald eine Zuckerfabrik und vermarkteten das dort angewendete Zuckergewinnungsverfahren, was die Gründung von mehr als 100 Rübenzuckerfabriken bewirkte. Die Magdeburger Börde entwickelte sich zu einem bevorzugten Anbaugebiet der Zuckerrübe auf den fruchtbarsten Böden Deutschlands – 1934 erhielt ein Stück Land bei Eickendorf die höchste Bodenwertzahl 100.
Von der Rübe zum Zucker
Durch Fotosynthese wandelt die Zuckerrübe Sonnenlicht, Wasser und Kohlendioxid in Zucker um und speichert ihn. Aus sieben Zuckerrüben wird ca. 1 kg Zucker gewonnen. Man nennt die Zeit der Rübenverarbeitung und Zuckergewinnung auch „Kampagne“. In dieser Zeit wird 24 Stunden täglich und an sieben Tagen in der Woche in der Zuckerfabrik gearbeitet. Eine rasche Weiterverarbeitung der geernteten Zuckerrüben ist wichtig, denn sie sind nur begrenzt lagerfähig und verbrauchen nach der Ernte kontinuierlich einen Teil des gespeicherten Zuckers für ihren Stoffwechsel. Die Zuckerrüben werden nach der Ernte gereinigt und zerkleinert, die Zuckerrübenschnitzel in Extraktionstürmen mit heißem Wasser versetzt und der enthaltene Zucker herausgelöst. Es entsteht Rohsaft. Mit Kalkmilch werden Nichtzuckerstoffe im Saft gebunden. Dem so geklärten Dünnsaft wird durch Verdampfungsapparate so lange Wasser entzogen, bis der Zuckergehalt im nun goldbraunen zähflüssigen Dicksaft ungefähr 75 % beträgt. Die weitere Eindickung geschieht mit so viel Unterdruck, dass das Wasser bereits bei 65–80 °C verdampft und der Zucker noch nicht karamellisiert. Nach Zusatz von Impfkristallen beginnt die Kristallisation bis zur gewünschten Kristallgröße. In Zentrifugen wird der anhaftende Sirup, Melasse genannt, von den Kristallen getrennt. Der weiße Zucker wird nun nochmals in Wasser gelöst und danach kristallisiert. Dadurch erhält man die besonders reine und weiße Raffinade.